Hier sprechen wir über die Pflichten, Rechte, Privilegien und Downsides, die die Rolle eines Verantwortlichen mit sich bringen. Du erfährst den Algorithmus, nach dem ein Verantwortlicher agiert. Du bekommst weitere Daten zum Thema “Anweisungen an Verantwortliche”, wie den einzigen Fall, in dem Du Anweisungen geben würdest und wie Du dann genau vorgehst. Und ich zeige Dir, wie ich damit umgehe, wenn Mitarbeiter mir Probleme präsentieren.
Pflichten
Anweisungen zu “wie viel” und “von welcher Qualität” müssen befolgt werden.
Muss bestehende Prozesse kennen, optimieren und beschützen.
Muss Probleme eigenständig lösen, Unterbesetzung ausgleichen, unter widrigen Bedingungen (Krise) trotzdem seine Zwecke und Produkte erreichen, zur Not überall selbst Hand anlegen und seine Targets einhalten.
Statistiken und Qualität nach oben treiben, andauernd Ist mit Soll bzw. Ideal vergleichen und die entsprechenden Maßnahmen einleiten und umsetzen.
Proaktives Reporting an (und Interaktion mit) Vorgesetzte und Stakeholder (Personen oder Organisationen, die Ansprüche oder beteiligte Absichten haben).
Rechte
Kann innerhalb der schriftlich fixierten Prinzipien und Richtlinien frei walten und selbst entscheiden, sofern er die 4 Hauptgesetze und funktionierende Prozesse beachtet.
Bekommt keine Anweisungen zu “wie” und muss diese auch nicht akzeptieren.
Privilegien
Kann über seine Zeit relativ frei bestimmen, denn er ist ja ergebnisverantwortlich und wird nicht für Präsenz bezahlt.
Hat bei entsprechenden Statistiken Anspruch auf Assistenz und / oder Zuarbeiter.
Kann eigene Ideen im Rahmen der Prinzipien, Richtlinien und der 4 Hauptgesetze umsetzen.
Wertvoll, da viel seltener als Zuarbeiter.
Festgehalt plus Leistungsbonus.
Downsides
Ergebnisverantwortlichkeit bedeutet, dass “whatever it takes” das Ergebnis sichergestellt werden muss. Ohne Rücksicht auf Arbeitszeit, Urlaub, persönliche Fitness etc.
Volle Verantwortung für die Produkte und Fuckups der untergebenen Zuarbeiter inkl. der Verpflichtung, diese zur Not selbst in Ordnung zu bringen.
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Okay. Pflichten. Hier sind die Pflichten – beim Zuarbeiter – eigentlich relativ einfach. Er muss die Anweisung verstehen und zeitgemäß, also in der erwarteten Zeit, ausführen mit bestem Wissen und Gewissen. Macht er Fehler, wird er korrigiert. Und er muss reporten, und zwar einerseits “Erledigt”, damit man ihn und das Ergebnis korrigieren kann, und er muss sich transparent machen, damit der Verantwortliche weiß, was läuft, weil man nicht verantwortlich sein kann, wenn man nicht weiß, was läuft.
Sind wir uns einig. Also, eine Mutter, die ihre Kinder auf dem Spielplatz nicht im Blick hat, kann die verantwortlich sein? Nein, kann sie nicht, weil sie wissen muss, was läuft – sonst kannst Du nicht verantwortlich sein. Auch wenn Dein Büro so aufgestellt ist als Führungskraft, dass Du nicht Deinen Verantwortungsbereich im Blick hast, dann hast Du leider ein Problem. Denk mal drüber nach.
Der Verantwortliche muss eigentlich, so wie bei “Baywatch”, oben auf dem Turm sitzen, so dass er den gesamten Verantwortungsbereich überblicken kann, denn er ist verantwortlich für Ideal und Produkt, und er arbeitet mit Zuarbeitern, die Fehler machen dürfen. Also, Baywatch, da oben – in Deinem Verantwortung
Die Pflichten des Verantwortlichen: Anweisungen zu “wie viel” und “von welcher Qualität” und meinetwegen auch “bis wann” müssen befolgt werden.
Er muss bestehende Prozesse kennen, optimieren und beschützen. Angenommen, ein Verantwortlicher übernimmt einen bereits bestehenden Bereich, dann muss er als Erstes die Prozesse verstehen, wirklich verstehen, begreifen: “Äh? Häh? Warum? Wieso? Weshalb?” Er muss sie kennen, optimieren und beschützen – in eigenem Interesse, weil, wenn das einer kaputt macht, wem werden die Ohren lang gezogen?
Ja, wenn die Hebamme sagt: “Mensch, ich hatte aber kein Stethoskop, ja, weil mein Hund das zusammengebissen hat”, dann sagen die Richter: “Toll! Leider sind Sie jetzt trotzdem wegen fahrlässiger Tötung dran, weil wir den Hund ja nicht verknacken können.” Du warst verantwortlich! Du musst Rede und Antwort stehen.
So, nächster Punkt:
Muss Probleme eigenständig lösen, Unterbesetzung ausgleichen, unter widrigen Bedingungen (also auch in Krisen) trotzdem seine Zwecke und Produkte erreichen, zur Not überall selbst Hand anlegen und seine Targets – also die Vorgaben, die erreicht werden müssen – einhalten.
Als Beispiel: eine Hebamme. Tolles Beispiel für verantwortlich. Oder die Mutter mit der Aufsichtspflicht. Hinter der Mutter steht keiner und sagt: “Pass auf dein Kind auf. Pass auf dein Kind auf. Pass auf dein Kind auf.” Wenn sie weg muss, muss sie einen Babysitter organisieren, Unterbesetzung ausgleichen. Unter widrigen Bedingungen, ja, auch wenn es stürmt oder schneit, muss sie trotzdem ihr Kind beschützen – Zweck und Produkt: ein sicheres, happy Kind haben. Zur Not selber, wenn nicht, kannst Du es auch wegorganisieren: Nanny. Hast Dich früh genug nicht darum gekümmert, hast Du halt Pech. Hast Du keinen Babysitter – Pech.
Deswegen ist es auch wichtig, den Leuten das zu erklären. Das bedeutet Verantwortung. Das sind jetzt die Pflichten. Es gibt auch Privilegien. Es gibt viele Vorteile davon. Du kriegst viel geilere Aufgaben. Das wird ein Spiel. Du kannst Dich selber verwirklichen und so weiter.
Eine weitere Pflicht ist es, Statistiken und Qualität nach oben treiben, weil die Statistiken pushen praktisch Richtung Ideal. Wenn Du eine Statistik hast, die nicht Richtung Ideal führt, dann ist es eine falsche Statistik.
Also, Zweck, Produkt, Ideal muss alles zusammenpassen, und auch Statistik, weil die Statistik zeigt, bewegt sich es zu Ideal. Wenn sie es nicht zeigt oder sogar entgegengesetzt zeigt, dann ist es schlecht. Macht natürlich keiner absichtlich, passiert aber trotzdem.
Also angenommen, Du gibst HR die Statistik – Anzahl beschäftigter Mitarbeiter – , dann ist es ganz sicher eine Statistik, die gut klingt, aber Dich völlig vom Ideal wegfährt. Schlau, wäre ich sage mal, Mannstunden pro Umsatz oder Umsatz pro Mannstunde oder Deckungsbeitrag pro Mannstunde. Du willst die Produktivität der Leute da mit drinhaben und nicht die Anzahl der Mitarbeiter aufblasen.
So, stellen die zu viele Leute ein, aber es steigt nicht gleichzeitig der Umsatz, fällt ihre Statistik. Ja, das spiegelt die Ist-Situation wider. Du bewegst Dich vom Ideal weg. Stellst Du zu wenig Leute ein, kann die Statistik nicht mehr steigen. Oder sind die Leute zu unproduktiv …. Also, es muss eine Statistik sein, die einfach wirklich die Sachen so zeigt, wie sie sind.
Also, sein Job ist: Statistiken und Qualität nach oben treiben, andauernd Ist mit Soll, also, dafür muss er – Soll wäre Ideal –, er muss immer schauen Ist – Ideal, Ist – Ideal (deswegen brauchst Du Leute, die schauen können. Das Ideal muss aber übereingestimmt und klar sein.) und die entsprechenden Maßnahmen einleiten und umsetzen.
Er muss also beobachten, entscheiden, umsetzen – beobachten, entscheiden (also, genau genommen: beobachten – mit Ideal vergleichen), darauf eine Entscheidung treffen, umsetzen. Das ist der Algorithmus des Verantwortlichen: Beobachte, vergleiche mit dem Ideal, triff eine Entscheidung, setze sie um. Dann: Beobachte wieder, vergleiche mit dem Ideal, entscheide, setze um.
So, dann: proaktives Reporting, also, man muss ihm nicht hinterherrennen, sondern er liefert pünktlich proaktiv, von sich aus, an Vorgesetzte und Stakeholder (sage ich gleich was). Proaktives Reporting an und Interaktion mit – er stimmt sich also auch ab.
Erster Punkt ist: Er ist proaktiv. Er reportet und stimmt sich ab mit Vorgesetzten und Stakeholdern. Stakeholder sind Personen oder Organisationen, die Ansprüche oder beteiligte Absichten haben. Also, auch das Finanzamt ist, auch wenn Du es nicht möchtest, ein Stakeholder. Auch die deutsche Gerichtsbarkeit ist ein Stakeholder. Die wollen, dass Du Dich an die Gesetze hältst. So, und die haben Einfluss auf Dich.
Und ein Verantwortlicher muss reporten – also, zum Beispiel die Buchhaltung dann die Bilanz, ocer wenn der Verantwortliche für Recht verklagt wird, ja, so, dann muss er sich mit den Stakeholdern auseinandersetzen, proaktiv, und muss reporten.
“Verantwortung” heißt, Du gibst “Antworten” für Dein Handeln und Deine Ergebnisse. Auf Englisch “responsibility” heißt auch “antworten”, “respond”.
Rechte: So, hier hatten wir “sehr geregelte Arbeitszeiten- Kann für und Fuckups nicht verantwortlich gemacht werden”. Hier ist es anders:
Kann innerhalb der schriftlich fixierten Prinzipien und Richtlinien – sofern es Richtung Ideal geht, Zwecke erfüllt und Produkte erreicht werden – frei walten und selbst entscheiden, sofern sie die 4 Hauptgesetze und funktionierenden Prozesse beachtet.
Die 4 Hauptgesetze, da haben wir ja ein eigenes Booklet darüber. In Kurzform:
Mache alles, was Du tust, im besten, langfristigen Interesse des Kunden und des Unternehmens – erstes Hauptgesetz.
Beschädige keine funktionierenden Systeme.
Behindere andere nicht beim Erreichen ihrer Ziele.
Tue alles, was Du kannst, um Deine (zugewiesenen) Ziele zu erreichen.
Mit diesen 4 Hauptgesetzen kannst Du eigentlich jede Entscheidung treffen: Ist es im Sinne des Kunden und des Unternehmens, des besten Interesses des Kunden und des Unternehmens? Schädige ich Systeme? Mache ich Erfolge auf Kosten anderer hier im Laden? Also sprich: Halte ich andere davon ab, ihr Ziel zu erreichen, weil ich sie vollquatsche, weil ich selber nicht googeln will oder was auch immer?
So, nochmal: Also, ein Verantwortlicher kann innerhalb der schriftlich fixierten Prinzipien und Richtlinien frei walten und selbst entscheiden, sofern er die 4 Hauptgesetze und funktionierende Prozesse beachtet.
Nächster Punkt: Bekommt keine Anweisungen zu “wie” und muss diese auch nicht akzeptieren – auch nicht von oben. Wichtig! Das muss der Verantwortliche wissen. Ihr müsst ihm ein Verteidigungsschild geben, weil es in der Hitze des Kampfes des Tagesgeschäftes immer wieder kommen wird, dass Vorgesetzte – direkte, indirekte Vorgesetzte – Anweisungen geben. Und er muss wissen: Du musst sie nicht akzeptieren, es sei denn, Du hältst sie für sinnvoll.
So, und hierfür sagt man als Verantwortlicher immer folgenden Satz – zwei Sätze: “Ich bin jetzt Verantwortlicher, du bist mein Vorgesetzter. Und du gibst mir jetzt eine Anweisung zum ‘Wie’.” Die erste Frage, die ich stellen würde: “Oh, war das gerade eine Anweisung zum ‘Wie’?” Wenn alle die Tabelle kennen, dann wissen wir, was er damit meint. Dann wird der Vorgesetzte schon sagen: “Ah ja, stimmt. Nee, nee. Das war nur ein Tipp.” Gut.
Angenommen, er besteht auf der Anweisung, dann sagst Du: “Sehr gut. Heißt das jetzt, ich soll zur Personalabteilung gehen und mir einen Zuarbeiter-Vertrag geben lassen? Und die Frage ist: Wer übernimmt dann meinen Verantwortungsbereich? Also, bin ich abgesetzt und du machst das jetzt?”
Das müssen Verantwortliche sagen und sagen dürfen. Die brauchen diesen Schutz. Glaubt mir, man neigt – selbst ich neige im Eifer des Getümmels dazu, Anweisungen zum “Wie” zu geben, und der Verantwortliche sagt: “Du, pass auf: Machst du jetzt meinen Bereich?” – “Ah, nee, nee. Sorry! Ich will ihn nicht machen.”
Und jetzt kommen wir zu dem Punkt: Wann musst Du einen Verantwortlichen wirklich vom Posten nehmen? Wenn er bewiesen hat, er kriegt es nicht hin. Du musst also ins “Wie” eingreifen. Also, wenn es wirklich so ist, dass Du ins “Wie” eingreifen musst, weil er sich verkocht, das Essen versalzen ist, er nicht weiß, wie man die Platten legt und so weiter, und so weiter. Sobald Du ins “Wie” eingreifen musst, “wie” er arbeitet, musst Du ihn zur Seite schieben. Dann hast Du aber den Verantwortungsbereich. Dann musst Du ihn ordentlich korrigieren und dann langsam wieder draufsetzen. Also übergehe Leute nicht fahrlässig – das ist sehr unangenehm.
Teilnehmer: Alex?
Alex: Ja?
Teilnehmer: Ich bin oftmals sehr ungeduldig, dass etwas nicht schnell genug geht. Also, ich bin Fan von Automatismen und Digitalisierung und so weiter. Und verschiedene Leute sind, sagen wir mal, in ihrem traditionellen Denken. Wenn ich jetzt aber versuche, da praktisch irgendwie Automatismen zu schaffen, Algorithmen zu schaffen, da ist Software einzusetzen, da Digitalisierung einzusetzen, ist es ja eigentlich schon eher auch ein “Wie” und nicht eine Anweisung geben: “Versuche, es innerhalb von einer Stunde zu schaffen anstatt eben zehn Stunden”, und das geht halt nur über Digitalisierung.
Alex: Ja. Also, hierzu empfehle ich Dir ein paar von meinen Prinzipien. Ein Prinzip lautet: “Leute, die wollen, finden Wege. Leute, die nicht wollen, finden Gründe.” Das gilt auch hier. Also, sie finden Gründe und haben keinen Bock – das heißt, sie wollen nicht. Warum können sie nicht wollen? Ich beantworte es Dir mal schnell, aber es wäre schlau, sie mal auszufragen.
Also, 80 % der Leute wollen keine Dokumentationen, keine Automatisierung und keine Software aus einem Grund: Sie möchten sich nicht selbst wegrationalisieren. Das ist das, was sie denken. Was völliger Bullshit ist. Kein Unternehmer würde eine dieser wertvollen verantwortlichen Perlen wegrationalisieren wollen.
Der würde Zuarbeiter wegrationalisieren, aber niemals Verantwortliche, weil die selber denken können, selber schauen, Entscheidungen treffen, können proaktiv Sachen nach oben treiben. Die würde nie jemand loswerden wollen. Das müssen sie verstanden haben. Aber der Grund, warum sie das nicht tun, ist, dass sie irgendwie denken, es schlägt negativ auf sie zurück. Erster Punkt.
Zweiter Punkt, musst Du wissen, jedes Unternehmen hat so eine Art Immunsystem. Ein Immunsystem gegen Veränderungen – gut wie schlecht. Veränderung wird vom unternehmerischen Immunsystem immer als schlecht angesehen, egal, ob es gut ist oder nicht.
Schau mal aus Sicht eines Verantwortlichen drauf. Was ist das Leid des normalen Verantwortlichen? Der hat seinen Bereich unter Schmerzen geordnet. Dann kommt sein Vorgesetzter, hat irgendeine dämliche Idee, bringt ihm sein System durcheinander, es entstehen Wechselwirkungen.
Wer muss die Wechselwirkungen ausbaden? Der Chef oder der Verantwortliche? Genau, der Verantwortliche. Und deswegen haben Verantwortliche keinen Bock drauf, dass der Chef mit neuen Ideen kommt. Deswegen müssen Führungskräfte auch verkaufen können, weil, wenn ich jetzt zum Beispiel sage: “Hey, sag mal, nur mal so brainstormen, was hältst du von der Idee, wenn wir da ein bisschen Digitalisierung reinkriegen?”, und mein Verantwortlicher kriegt Indikatoren, die so aussehen, wie wenn er jetzt gerade neben dem verschwitzten Typ im Flugzeug sitzen würde oder gerade in eine Zitrone gebissen hätte, dann weiß ich irgendwie: “Ist das komisch, dass dem das nicht gefällt.”
So, dann würde ich erstmal sagen: “So, nur, dass ich es verstehe: Was verstehst denn du unter Digitalisierung?” Eisberg: “Wie siehst du die Welt? Welche Erfahrung? Digitalisierung? Dadadadada.”
So, dann würde ich sagen: “Okay, Digitalisierung scheint ja eine Lösung zu sein, die du nicht gebrauchen kannst. Mal anders gefragt, wenn du dir jetzt bei mir drei Sachen wünschen könntest, was wären die?”
So, und dann sagt er: “Das, das, das oder das.” Und dann sage ich: “Jetzt nur, dass ich es verstehe: Warum die drei?”, und dann erklärt er mir die Situation. Und dann werde ich wahrscheinlich auch verstehen, warum er keinen Bock auf Digitalisierung hat.
Es ist vielleicht auch gar nicht so, dass er keinen Bock auf Digitalisierung hat, sondern vielleicht ist es nur Schritt 5. Aber er hat 4 andere Sachen, die ihm viel mehr unter den Nägeln brennen.
In Kurzform: Du musst Dir als Unternehmer oder als Vorgesetzter einfach völlig klar machen: Etablierst Du ein System über Verantwortliche hinweg, ohne deren Zustimmung, werden sie es entweder sabotieren oder Du wirst die gesamte Verantwortung erben. Andere Möglichkeiten gibt es nicht, weil, wenn Du ihn zwingst – nochmal: Selbstbestimmung ist Verantwortung übergeordnet –, wenn Du ihn zwingst, degradierst Du ihn automatisch in die Zuarbeiterposition.
Teilnehmer: Gäbe ich recht, wenn praktisch das System nicht schon vorher dagewesen wäre wie der Mitarbeiter. Also, im Grunde waren die Automatismen vorher effizienter und haben funktioniert, und er nutzt das entsprechend nicht, was da ist, und ist damit deutlich ineffizienter geworden, weil er halt einfach seinen alten Stiefel aus seiner Vergangenheit kennt.
Alex: Aber ganz kurz, dieser Mitarbeiter ist Zuarbeiter? Verantwortlicher? Was ist der?
Teilnehmer: Wahrscheinlich zu früh in die Verantwortung gegeben.
Alex: Aber offiziell Verantwortlicher?
Teilnehmer: Ja.
Alex: So, nochmal: Der Zweck eines Verantwortlichen ist es ja, die Statistiken nach oben zu treiben, so dass Zweck, Ideal und Produkte erreicht werden. So, wenn Du jetzt eine Statistik darüber hättest, sprich nicht mit ihm über das Wie, sondern dann kommt die Statistik und dann sagst Du: “Du, pass mal auf. Die Statistik war bei deinem Vorgänger besser. Wo kann ich dir helfen?”
So, dann bleibst Du drauf. Und er muss das Problem lösen. Und wie er es löst, durch Automatisierung, durch unbezahlte Extra-Stunden, durch was auch immer, ist Dir egal. Er löst das Problem, nicht Du. Wirklich, ich verstehe das. Aber wenn Du anderer Leute Probleme löst, weißt Du, was dann passiert? Du kriegst den ungeschriebenen Titel “Problemlöser vom Dienst”. Und jedes Mal, wenn ein kleines Problem entsteht, rate mal, wo sie hingehen.
So, ich habe das Prinzip “Inkompetenz hilft gegen Arbeit”, habe ich bei Mitarbeitern gelernt. Die stellen sich inkompetent, dann bringt man die Arbeit woanders hin. Wenn ein Mitarbeiter kommt und sagt: “Wir haben ein Problem”, sage ich: “Oh Gott! Erzähl mal.” Dann erzählt er mir das Problem. Sage ich: “Ja, das ist schon ganz schön groß. Und warum erzählst du mir das jetzt?” – “Ja, hast du eine Idee?” Dann sage ich: “Nee, auf keinen Fall. Du bist ja viel schlauer als ich, viel tiefer in dem Thema. Auf keinen Fall. Deswegen habe ich ja dich eingestellt mit deiner geistigen Kapazität, damit du solche Probleme löst.”
Also, ich mache genau das Umgekehrte als das, was die anderen machen. Also, Du darfst nie ein Problem von einem Mitarbeiter lösen. Du darfst auch nie seine Fragen beantworten bei einem Verantwortlichen. Also, bei einem Verantwortlichen darfst Du nicht seine Fragen beantworten. Wichtig: Mit “Fragen” meine ich “Entscheidungsfragen”. Datenquelle von Daten, die nur Du hast, die gibst Du ihm.
Wenn es irgendwer anders hat, sagst Du: “Hmm. Wer könnte denn die noch haben?” – “Sehr schön.” Dann sagst Du: “Okay, von den Kosten, wäre es billiger, ganz oben anzufangen oder unten?” – “Ja, unten.” – “Sehr gut.” Jetzt hat er schon wieder was gelernt, der Kollege.
Ein weiteres Ding. Wer kennt das von Euch? Das geht schon außen los. Irgendein Kunde schickt mir eine E-Mail und sagt: “Könnten wir vielleicht XY machen?” Ich leite die E-Mail nie weiter. Nie. Ich schreibe zurück, sage: “Hey, google doch bitte ‘Support Alex Fischer Düsseldorf’ und schreibe dann dahin. Vielen Dank!”
Warum mache ich das so? Weil, wenn ich einmal diesen Task akzeptiere, habe ich ihn gekauft. Ich bin jetzt sein Zuarbeiter – oder noch schlimmer: sein Verantwortlicher. Ich bin jetzt die Privatrezeptionistin dieses Kunden.
Schau, ich habe Freunde, die selber Unternehmer sind. Die schreiben mir dann original eine WhatsApp und sagen: “Du, pass auf. Meine E-Mail-Adresse geht nicht mehr. Ich finde auch das Passwort da nicht mehr. Könntest du meine E-Mail-Adresse umstellen?” Dann denke ich mir: “Mensch, der ist selber Unternehmer. Ich würde nie einen Unternehmer, der ein einigermaßen Rad dreht, mit so einer Scheiße belästigen. Ich würde einfach den Support anschreiben.” Aber selbst Unternehmer machen so etwas. Was erwartest Du dann von Führungskräften oder Angestellten? Hat man sich so angewöhnt.
So, also lange Rede, kurzer Sinn: Ein langes, ordentliches Zuarbeitertum stellt sicher, dass er befähigt ist, Verantwortung zu tragen. Dann managt Du ihn nur nach Statistik und Qualität. Mehr nicht. Statistik und Qualität.
So, wenn die Statistik nicht stimmt, sagst Du: “So, was machen wir jetzt da?” Du bist sein Helfer, sein Coach, aber er ist immer noch verantwortlich. Lass Dir nie die Verantwortung geben und reiß sie schon erst recht nicht an Dich. Keine Lösung vorschlagen, nix.
Frage: Wer von Euch hat denn schon mal eine ungefragte Lösung von irgendwem vorgeschlagen bekommen? Wie fandet Ihr das? Scheiße. Ungefragte Lösungen sind immer Scheiße. Deswegen gib keine Lösung, wenn Du nicht gefragt wirst. Nie!
Gib aber auch keine Lösung, wenn Du gefragt wirst, sondern antworte sokratisch. Warum? Sonst bist Du der schnelle Weg. Sonst kommt er immer zu Dir, wenn er zu faul ist, nachzudenken. Wenn er aber merkt, Du stellst ihm immer die gleichen Fragen – der fragt Dich jetzt 20-mal, Du antwortest 20-mal sokratisch, was wird er beim 21. Mal irgendwann machen?
Sagt er: “Toll! Ich weiß ja eh, welche Fragen er stellt. Kann ich mir auch selber stellen.” Richtig? Deswegen machen wir das so.
Teilnehmer: Wir haben das Problem bei uns einigermaßen gelöst, zumindest diesen Teil. Wir machen nämlich bei uns Prozess-Workshops, wo alle in einen Raum eingesperrt werden für einen Tag, außer der Chef. Also für einen bestimmten Bereich. Die entscheiden selbst, wie es am besten funktioniert und am Ende kommt was Ähnliches oder meistens was Besseres raus, als ich mir selbst überlegt hätte. Und das setzten die dann um und am Ende kann ich sagen: “Ihr habt euch selbst einen Prozess überlegt.”
Alex: Und die halten sich dann auch an ihre Prozesse, die sie selber gemacht haben. Machst Du einen Prozess, wird er sabotiert. Machen sie selber einen Prozess, beschützen sie ihn.
Teilnehmer: Ich habe jetzt letzte Woche den letzten Prozess-Workshop gemacht. Das waren … zehn Leute haben teilgenommen. Die sind den ganzen Tag geblockt. Das sind natürlich auch gewisse Kosten. Aber was rausgekommen ist, vereinfacht unsere Arbeit in Zukunft um 30 Prozent. Es ist unfassbar.
Alex: Also, so ähnlich wie eine Jury. Also, die müssen sich ja einigen.
Teilnehmer: Genau.
Alex: Also wie eine Jury im amerikanischen Rechtssystem. Nur, dass es nicht heißt “Schuldig” oder “Nicht schuldig”, sondern: “Okay, da muss jetzt ein verbesserter Prozess rauskommen, womit alle leben können.”
Teilnehmer: Es ist aber wichtig, dass Du als Chef nicht dabei bist. Nur am Ende zum Gucken.
Alex: Ja, finde ich auch eine gute Idee. Aber das ist das Prinzip dahinter. Also, das ist ja auch das, was in unserem Führungscoaching dann jetzt immer mehr diese Prinzipien dahinter zu verstehen, weil Du Dir eigentlich die ganze Zeit Dein eigenes Grab gräbst. Du erntest Undankbarkeit, machst Dir Arbeit und es wendet sowieso keiner an. Du wirst noch sabotiert. Wie geil ist das?
Ich war früher gestruggelt wie Sau, bin nicht weitergekommen. Dann auf einmal hatte ich es raus. Und dann wurde ich oft gefragt: “Sag mal, Alex, was machst du jetzt anders als früher?” Und weißt Du, was die Antwort darauf ist? Ich mache einfach 70 % nicht. Also, ich mache nichts anders. Ich habe einfach die unerfolgreichen 70 % aufgehört zu machen.
Auf einmal habe ich keinen Stress mehr, auf einmal läuft der Laden. Wirklich, Du machst zu viel. In Bayern gibt es so einen schönen Ausdruck. Das heißt “verdummbessern”. Also, man versucht etwas zu verbessern und danach ist es schlechter. Und Führungskräfte leiden massiv unter Verdummbesserung. Sie versuchen, etwas zu verbessern. Die Absicht ist gut, die Durchführung nicht. Ich weiß, wovon ich spreche. Ich habe es ja selber so gemacht.
Also, nochmal: Rechte. Bekommt keine Anweisung zu “wie” und muss diese auch nicht akzeptieren. Er muss sich in Bezug auf das “Wie” auch nicht rechtfertigen – nur in Bezug auf seine Statistiken, seine Produkte und seine Qualität
Privilegien: Kann über seine Zeit relativ frei bestimmen, denn er ist ja ergebnisverantwortlich und wird nicht für Präsenz bezahlt. In der westlichen Zivilisation ist es halt so, dass Du dort Stundenverträge hast, aber ein Verantwortlicher wird nicht pro Stunde bezahlt, sondern für Ergebnisse.
Hat bei entsprechenden Statistiken Anspruch auf Assistenz und / oder Zuarbeiter.
Kann eigene Ideen im Rahmen der Prinzipien, Richtlinien und der 4 Hauptgesetze umsetzen.
Wertvoll, da viel seltener als ein Zuarbeiter.
Festgehalt plus Leistungsbonus, also Ergebnisbonus.
Downsides: Ergebnisverantwortlichkeit bedeutet, dass “whatever it takes” das Ergebnis sichergestellt werden muss. Beispiel: Ein Chirurg. Der kann jetzt auch nicht sagen: “Na ja, Operation hat jetzt doch länger gedauert. Ich höre jetzt auf.” Geht nicht: Ohne Rücksicht auf Arbeitszeit, Urlaub, persönliche Fitness etc. Also, wenn Du Verantwortlicher bist, ist es auch wurscht, ob Du krank bist – klar, nicht sterbenskrank. Aber bist ja auch selber schuld. Du hättest Dir ja einen Nachfolger, eine Aushilfe, eine mobile Reserve, Vorarbeiten, Puffer schaffen – Du hast ja alles in der Hand.
Das hört sich jetzt so schlimm an: “Whatever it takes” – ohne Rücksicht auf Arbeitszeit, Urlaub, persönliche Fitness. Ja, das ist die Downside. Aber nur die Downside, wenn Du ein dummer Verantwortlicher bist. Wenn Du ein schlauer Verantwortlicher bist, hast Du das natürlich mit bedacht und hast es so organisiert und hast es so etabliert und deswegen hast Du ein schönes Leben, aber auch ein produktives.
Weitere Downside: Volle Verantwortung für die Produkte und Fuckups der untergebenen Zuarbeiter – also, wenn die Zuarbeiter Scheiße machen, wirst Du in die Verantwortung genommen, nicht die Zuarbeiter. Das ist genau wie der Vorarbeiter. Wenn da irgendwie Scheiße passiert, oder der Bauunternehmer, der kann ja nicht sagen: “Die Aushilfe da war’s!” Also, volle Verantwortung für die Produkte und Fuckups der untergebenen Zuarbeiter, inklusive der Verpflichtung, diese zur Not selbst in Ordnung zu bringen, die Fuckups. Ja? Zur Seite schieben, handeln. Das ist das, wie Verantwortung aussieht.
So, wenn die Mutter eine Nanny hat, die es nicht hinkriegt, was macht sie? Sie schiebt die Nanny zur Seite und bringt es selber in Ordnung. So, wenn die Hebamme es nicht hinkriegt, weil es eine besonders schwere Geburt ist, was ist? Ihr Vorgesetzter, der höhere Verantwortung trägt, mehr Fähigkeiten hat, schiebt sie zur Seite und macht einen Kaiserschnitt. Genau.