“Die Kfz-Versicherung ist nicht ertragreich, wir streichen sie.”
Die Vorstände einer Versicherungsgesellschaft (ist tatsächlich so passiert) stellen fest, dass die angebotenen Kfz-Versicherungen keine Erträge bringen und sehr verwaltungsaufwändig sind. Sie beschließen, diese durch sehr hohe Preise absichtlich unattraktiv zu machen. Leider haben sie nicht bedacht, dass die günstige Kfz-Versicherung neue Interessenten angelockt hat, die im weiteren Schritt andere (deutlich profitablere) Versicherungen abgeschlossen haben. Ohne das günstige Einstiegsprodukt sinken also auf einmal die Einnahmen aller weiteren Produktsparten in den Keller – willkommen im systemischen Denken!
Schau Dir auch die anderen Beispiele für Wechselwirkungen in Systemen in weiteren Blogartikeln an.
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Dieser Blogbeitrag ist ein kleiner Auszug aus dem Booklet “Systemisches Denken”
“Die Kfz-Versicherung ist nicht ertragreich, wir streichen sie.” Die Vorstände einer Versicherungsgesellschaft (tatsächlich eine der führenden und das ist auch tatsächlich so passiert) stellten damals fest, dass die angebotenen Kfz-Versicherungen keine Erträge bringen und sehr verwaltungsaufwendig sind. Und haben dann irgendwann gesagt: “Boah, wir haben eigentlich keinen Bock mehr da drauf.” Sie beschließen, diese durch sehr hohe Preise absichtlich unattraktiv zu machen.
Leider haben sie nicht bedacht, dass die günstige Kfz-Versicherung neue Interessenten angelockt hat, die im weiteren Schritt andere (deutlich profitablere) Versicherungen abgeschlossen haben.
Die berühmte Doppelkarte, die man sich früher noch geholt hat, in der Versicherungsagentur. Ohne das günstige Einstiegsprodukt sinken auf einmal die Einnahmen aller weiteren Produktsparten in den Keller – willkommen im systemischen Denken.
Hier siehst Du die Vorstände und hier siehst Du, was dann passiert. Kfz-Versicherung bricht ein, aber dafür auch die Lebensversicherung, die Rentenversicherung und die Berufsunfähigkeit. Das sind die, wo die das meiste Geld mit verdienen. Unerwünschte Wechselwirkungen.
Und selbst wenn Du systemisch denkst, kannst Du nicht alles vorhersagen. Aber Du kannst gewisse Vorsichtsmaßnahmen ergreifen. Du kannst Tests machen, Du kannst verschiedene andere Sachen machen, wie Du das begrenzt.
Teilnehmer 1: Dazu noch eine Anmerkung aus der Bankenwelt. Also es war ja so, als ich 2010 meine Bankausbildung angefangen habe, hatte man ja als Berater noch so Ziele auf Passivgeschäft? Du solltest reinholen, also Geld reinholen.
Alex: Passivgeschäft heißt Geld, das praktisch auf der Bilanz auf der Passivseite steht. Und das wären zum Beispiel Lebensversicherungen, Bausparverträge und so weiter.
Teilnehmer 1: Dann war es ja so, hatten wir jetzt zehn Jahre eine Niedrigzinsphase. In der Zeit haben die Bankberater Vertriebsziele darauf bekommen, dass sie die Kunden wirklich das Geld wegschicken lassen, den Kunden sagen, sie sollen die Gelder irgendwie runter vom Konto nehmen. Dann sind die ganzen Kunden irgendwie zu Direktbanken gelaufen, haben das Geld sonstwo angelegt. Und was die Banken da … jetzt steigen die Zinsen wieder, die Banker haben wieder ein Ziel, Sie sollen Geld reinholen. Die Kunden zeigen ihnen den Vogel.
Und was die Banken gelernt haben in Bezug auf Feedback, kluges Auswerten, das sie jetzt, als die Zinsen wieder gestiegen sind und auch das Immobiliengeschäft schwerer geworden ist, dass sie ihre Kreditkunden rausschmeißen.
Alex: Ja, ja, das stimmt. Also das, was er jetzt gerade beschrieben hat, früher hieß es : “Hey, wir brauchen Geld, das reinkommt, damit wir es dann wieder verleihen können.” Dann war die Niedrigzinsphase. Gerade die Bausparverträge und verschiedene andere Spareinlagen oder so, die haben praktisch ein Minusgeschäft gemacht. Dann wollten sie die Kunden wieder loswerden. Jetzt sind die Zinsen höher, jetzt wollen Sie sie wieder zurück haben.
Momentan will aber keiner zum Beispiel Bauträgergeschäft. Also wir machen das auch gerade bei zwei Objekten, zwei Neubauobjekten, eins in München, eins in Düsseldorf. Hier stellen sich die finanzierenden Banken nicht gerade als Partner heraus. Ich habe aber Gott sei Dank ein paar Alternativen dazu. Und die wundern sich dann später, warum sie keine Endfinanzierung mehr kriegen. Weil ja die Kunden uns dann fragen: “Sagt mal, habt ihr die Idee, wo ich das finanzieren kann?”
Zum Beispiel. Das hat alles Wechselwirkungen, aber irgendwie, wie er schon gesagt hat, lernen sie es nicht wirklich.
Teilnehmer 2: Mir fällt zu dem Beispiel ein eigenes kurzes Beispiel ein. Ich war letztens im Supermarkt und ich habe zufälligerweise einen unternehmerischen Kollegen, also selber auch selbstständig etc., ein eigenes Bistro und Restaurant, getroffen. Und in der Stadt, wo ich wohne, ist das das beste Restaurant. Die meisten Leute gehen dahin. Es ist super bekannt, Social Media top alles. Und dann erzählt er mir: “Ja, ich bin total überarbeitet und ich finde keinen neuen Pizzabäcker und mit dem Fachkräftemangel, und so weiter. Und ich habe mir jetzt überlegt, ich hab so viel Stress (er selber sah auch wirklich nicht gut aus), ich werde die Pizza abschaffen bei uns.” Bei mir ging direkt Alarmstufe Rot: “Was? Ich will bei Dir weiter Pizza essen. Das ist eines der besten Produkte, die Du hast.” Und er ist auch der Einzige, der einen Steinofen hat in der gesamten Stadt. Und er war aber für mich. …
Alex: Ist dann eher eine Kleinstadt, wo Du herkommst.
Teilnehmer 2: Ja, genau in der Nähe von Köln, eine kleine Stadt. Genau, und da musste ich gerade dran denken, weil er wahrscheinlich nicht die Wechselwirkungen bedacht hat, wenn er das tut.
Alex: Also, da hätte er lieber einen Pizzabäcker völlig überbezahlt, aber das wird ganz sicher negative Wechselwirkungen auslösen. Gerade Pizza. Also ich kenne das ja selber von mir auch. Wenn man Pizza holt, bestellt man sich ja mal schnell per Telefon, und kommt dann vorbei. Und dann denkt man auch: “Hier sind aber nette Leute. Ach, hier ist das … Komm, da sollten wir abends mal wieder hingehen.”
Und so weiter. So, alles was dafür sorgt, dass Du Dich zu einem Laden hin bewegst, ist immer etwas, das Du auf keinen Fall abschaffen solltest. Gerade heute, in der Zeit der Reizüberflutung, gibt es ja nichts Wertvolleres, als in Erinnerung zu bleiben. Und wenn das ein Produkt ist, das immer wieder dafür sorgt, dass immer wieder Leute an Dich erinnert werden, dann ist das fantastisch.