„Repetitio est mater studiorum.“ (Die Wiederholung ist die Mutter des Studierens.) Ich habe diesen Spruch meiner Mutter (die Lehrerin ist) immer gehasst. Bis ich später verstanden habe, warum die Wiederholung so wichtig ist: Stell Dir vor, Du studierst ein Buch wie „Reicher als die Geissens“, das wirklich wertvolle und transformierende Informationen enthält.
Nachdem Du zu einem Drittel durch bist, hast Du Dich in gewisser Weise transformiert. Nach zwei Dritteln stärker und nach dem ganzen Buch hast Du Dich vielleicht sehr stark transformiert.
Problem: Jetzt ist aber die Problematik, dass Dein neues, transformiertes Ich (mit höherem Bewusstsein, mehr Verstehen und vor allem einem Überblick über das Gesamtkonzept) den Anfang des Buches nie gelesen hat.
Was meine ich damit? Würdest Du jetzt noch einmal durch das Buch hindurchgehen (mit den neuen Gesichtspunkten, den neuen Blickwinkeln und den übergeordneten Prinzipien, die Du durch das erste Lesen erlangt hast), dann hättest Du jetzt ein ganz anderes Wissensnetz als zu Beginn des Studiums.
Wenn Du nämlich noch einmal durchgehen würdest, würdest Du feststellen, dass Du jetzt viel mehr zusätzliche Informationen in Dein Wissensnetz einhängen kannst, die vorher gar nicht einhängbar waren, weil wichtige grundlegende Fäden noch nicht vorhanden waren.
Genau genommen solltest Du durch (wichtige) Inhalte so lange immer wieder hindurchgehen, bis zwischen Start und Ende des Inhaltes keine große Transformation mehr stattfindet (= Du hast kaum noch neue Erkenntnisse).
Also: Du gehst in mehreren Durchgängen (= Iterationen) durch ein Fachgebiet und arbeitest Dich dabei immer tiefer, anstatt einfach nur vorne anzufangen und Dich bis hinten durchzuarbeiten.
Video-Briefing
Dieser Blogbeitrag ist ein kleiner Auszug aus dem Booklet “High-Tech-Lernen (& -Lehren)”
Warum der erste Durchgang höchstens 20 Prozent bringt
“Repetitio est mater studiorum.” (Die Wiederholung ist die Mutter des Studierens.) Ich habe diesen Spruch meiner Mutter, die selber Lehrerin ist, immer gehasst. Bis ich später verstanden habe, warum die Wiederholung so wichtig ist. Aber sie hat mir den Zweck nicht erklärt. Hätte sie es mir mit Wissensnetz erklärt und dass man ja in unterschiedlichen Detailtiefen rangeht – ja, erst mal oberflächlicher drüber, dann tiefer, dann tiefer, dann, ah, dann hätte ich es verstanden. Sonst klang das einfach nach so einem Oberlehrerspruch.
Stell Dir vor, Du studierst ein Buch wie “Reicher als die Geissens”, das wirklich wertvolle und transformierende Informationen enthält – übrigens sehr viel Prinzipien. Es besteht fast nur aus Prinzipien und Beispielen und Herleitung und Storytelling. Dieses Storytelling hat aber nur den Zweck, das Prinzip einigermaßen in die Köpfe der Leute zu transportieren, weil sie sonst völlig drüberlesen würden. So, jetzt stell Dir vor, Du liest dieses Buch.
Nachdem Du zu einem Drittel durch bist, hast Du Dich in gewisser Weise transformiert – Du bist jetzt nicht mehr ganz derselbe. Du schaust jetzt anders auf die Welt. Nach zwei Drittel stärker und nach dem ganzen Buch hast Du Dich vielleicht sehr stark transformiert.
Problem: Jetzt ist aber die Problematik, dass Dein neues, transformiertes Ich, das am Schluss rausgekommen ist, nämlich das mit höherem Bewusstsein, mehr Verstehen und vor allem einem Überblick über das Gesamtkonzept – jetzt hast Du also: “Ah! So funktioniert das als Ganzes.” Also,ich sage mal, die “linkeste” Taste des Pianos, dann die nächste, dann die nächste. Jetzt bist Du rechts angekommen und jetzt: “Ah! Guck mal: ‘Hänschen klein’. Ach so, so kombiniert man das.” Genau. Und jetzt kommt das Problem, nämlich dass Dein neues transformiertes Ich, das am Ende rausgekommen ist, den Anfang des Buches noch nie gesehen hat.
Versteht Ihr, was ich meine? Das ist das Problem.
Was meine ich damit? Würdest Du jetzt noch einmal durch das Buch hindurchgehen (mit den neuen Gesichtspunkten, den neuen Blickwinkeln und den übergeordneten Prinzipien, die Du durch das erste Lesen erlangt hast), dann hättest Du jetzt ein ganz anderes Wissensnetz als zu Beginn des Studiums. Wenn Du nämlich noch einmal durchgehen würdest, würdest Du feststellen, dass Du jetzt viel mehr zusätzliche Informationen in Dein Wissensnetz einhängen kannst, nicht nur einhängen kannst, sondern Du nimmst sie erst wahr – die standen vorher schon da. Du hast sie nur nicht gelesen –, die vorher gar nicht einhängbar waren, weil wichtige grundlegende Fäden noch nicht vorhanden waren.
Aber nicht nur das. Nochmal: Du hast sie noch nicht mal wahrgenommen.
Genau genommen solltest Du durch wichtige Inhalte so lange immer wieder hindurchgehen, bis zwischen Start und Ende des Inhalts keine große Transformation mehr stattfindet. (Du hast kaum noch neue Erkenntnisse.)
Normalerweise, wenn Du durch ein Buch hindurchgehst, dann startet die Lernkurve erst schmaler. Dann wird sie beim nächsten Durchgang steiler, steiler, steiler und irgendwann flacht sie ab, und irgendwann ist sie flach. So, das ist der Punkt, wo Du dann sagst: “So, da kann ich nichts mehr rausholen.”
Aber wenn es datendichtes, prinzipienreiches Material ist: drei Durchgänge, sonst kannst Du es gleich lassen.
Nicht hintereinander, sondern zwei Durchgänge: Schnelldurchgang, Intensivdurchgang, bisschen Zeit lassen, nochmal, damit man es beobachtet im Leben, ja, weil Du ja sonst im Studienraum versinkst, und Du sollst es ja anwenden. Dann wieder. Oder als Hörbuch immer wieder hören beim Autofahren nebenbei, aber nebenbei erst im dritten Durchgang. Erster Durchgang: Orientierung verschaffen, zweiter Durchgang: genau durcharbeiten. Hier bei den Booklets: Lesen, QR-Codes, Aufgaben.
Danach kannst Du machen, was Du willst – durchlesen. Du kannst sagen: “Oh, es war so geil mit dem Durcharbeiten. Mache ich in einem Jahr noch mal.” Kannst Du machen. Es reicht aber auch, wenn Du vielleicht nur die Videos anschaust oder Dir nur die Audios anhörst.
So, und hier ist es nochmal grafisch dargestellt. Schau mal, hier bist Du planlos bei 0 Prozent – so sieht Dein Wissensnetz aus.
Danach bist Du einigermaßen orientiert, bist jetzt hier so bei 10 Prozent – das Wissensnetz sieht jetzt so aus. Jetzt fängst Du wieder von vorne an, Du startest jetzt mit Orientierung, bist beim zweiten Durchgang und hast jetzt eine gewisse Vertrautheit. Das heißt, der Doktorhut beginnt sich langsam so etwas aufzubauen. Das Wissensnetz sieht auch schon viel cooler aus. Und jetzt startest Du mit Vertrautheit und machst nochmal durch und wirst jetzt zumindest zum Theorie-Profi.
Und dann, irgendwann wirst Du vielleicht auch zum Anwendungs- und Weisheits-Profi. Wenn ich jetzt immer höre: “Ja, was weiß ich, ich konsumiere jede Woche ein Buch.” Sage ich: “Mensch, ich würde mir lieber die richtigen Bücher mit den Prinzipien suchen und die lieber drei Wochen hintereinander durchgehen, anstatt mehr, mehr, mehr, mehr.” Fällt alles durchs Wissensnetz. Alles sinnlos. Denke, das ist jetzt aber auch klar. Das heißt nicht, dass man sie alle gleich durcharbeiten muss, sondern – sagen wir mal so – bisher hast Du versucht, es mit Anstrengung in Richtung Perfektion beim ersten Durchgang zu machen.
Mache es so nicht. Schnell drüber, interessiert, blättern, ChatGPT, ein bisschen Tutorials, Orientierung kriegen, die Fragen stellen, recherchieren und so weiter. Ganz chillige Angelegenheit. Wichtig: keine missverstandenen Worte einfangen. Sehr schön – orientieren. Und wenn Du das bist, dann hast Du wahrscheinlich auch Bock. So, und dann startest Du einen ordentlichen Durchgang hier bei dem Booklet. Okay, ein Kapitel lesen, QR-Code, Aufgaben machen. Sehr schön. Nächste Kapitel lesen. QR-Code, Aufgaben machen.
So, wenn Du da durch bist, dann in die Welt schauen – schauen, wie ist es gelaufen? Und danach solltest Du irgendwann noch einen Durchgang machen, aber nicht direkt anschließend, sondern eher so zwei, drei Monate später oder vielleicht auch vier Wochen später. Je nachdem, wie intensiv Dein Leben ist. Und dann: umso öfter, desto besser. So lange, bis Du sagst: “Hah, da sind jetzt keine neuen Informationen mehr drin.”
Aber Du wirst feststellen: Da sind noch Informationen drin. Also, Du kannst hier durch diese ganzen Fundamental-Booklets, schwör ich Dir, kannst Du ganz gechillt sieben-, achtmal durchgehen – nicht mit Aufgaben, nicht mit allem drum und dran, nicht mit voller Konzentration. Das ist nur der zweite Durchgang, bei dem man das so hart macht. Aber Du wirst immer noch was Neues hören. Du wirst immer noch eine neue Erkenntnis kriegen – schwör ich Dir.